"Bei uns nur ausgesuchte Rohstoffe aus Vertragsanbau"

Klingt gut und vertrauenswürdig. Ist aber leider nichts als eine Worthülse. Das ist in etwa so, als würde ich ein Auto mit den Worten verkaufen: "Bei uns nur Autos mit Rädern und Lenkrad."

Dass die Werbung lügt oder zumindest schwindelt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Doch gerade im Moment ist es wieder besonders schlimm, denn die Firmen haben das Spiel mit dem Vertrauen der Konsumenten für sich entdeckt. Es gibt kaum ein Produkt, dass nicht mit irgendwelchen Labels oder 'Verantwortungsgerede' auf der Verpackung auftrumpfen kann. Grundsätzlich eine sehr gute Idee, hinter der - teilweise - tatsächliche Bestrebungen stecken, das Produkt oder seinen Produktionsprozess sozialverträglicher oder was auch immer zu gestalten. Leider ist nicht alles Gold, was glänzt. Schlaue Werbefachleute nutzen den Trend und springen mit nichtssagenden Angaben und schillernden, dafür inhaltsleeren Logos auf diesen Zug auf. Also ist - mal wieder - der Verbraucher gefragt, der ganz genau hingucken muss, um die schwarzen Schafe zu entlarven.

"Bei uns nur ausgesuchte Rohstoffe aus Vertragsanbau", das klingt doch nach Vertrauen und Unbedenklichkeit. In Wahrheit bedeutet es so gut wie nichts und könnte auf fast jedem Produkt stehen. Es ist klar, dass Rohstoffe "ausgesucht" werden müssen, um danach verarbeitet zu werden, ebenso bestehen - logischerweise - Verträge zwischen Lieferanten und Produzenten, so dass es sich um "Vertragsanbau" handelt. Zack, fertig ist das 'Prädikat', das nichts weiter ist als das Schönreden alltäglicher Abläufe. Es wird kein Wort darüber verloren, nach welchen Kriterien die Rohstoffe "ausgesucht" werden (vielleicht nach finanziellen...?) und was im "Vertrag" über den "Anbau" geregelt wird (etwa das Spritzen von Pestiziden...?). So gesehen kann ein Produkt, das "ausgesuchte Rohstoffe aus Vertragsanbau" enthält, durchaus von schlechter Qualität oder bis an die (gesetzliche) Grenze belastet sein. Noch einer draufgesetzt wird mit dem Zusatz "kontrollierter Vertragsanbau": Im schlimmsten Fall kann das bedeuten, dass einmal im Jahr ein firmeneigener(!) Prüfer den Anbau 'kontrolliert', indem er mal auf das Feld guckt und in seinen Unterlagen ein Häkchen macht.

"Geprüfte Qualität" oder "laborgetestet" sind weitere wohlklingende Begriffe, die zum Kauf animieren sollen. Über das Ergebnis der Prüfungen und Tests wird der Käufer mit diesen Hinweisen jedoch nicht informiert. Es wird nur gesagt, dass sie durchgeführt worden sind. Vielleicht hat der Test ergeben, dass das Produkt schei*e ist? Es würde niemand erfahren, denn es steht nicht drauf. Was nützt es, wenn ein Deo "tropengetestet" ist (was auf der Dose steht), aber auf ganzer Linie versagt hat (was selbstverständlich nicht auf der Dose steht)? Was hilft dem Allergiker ein "allergiegetesteter Innenraum" des Neuwagens, wenn der Test ergeben hat, dass nur einige wenige Allergene eliminiert wurden? Sind die Firmen 'nett', so schreiben sie die Einschränkungen zumindest ins Kleingedruckte, gesetzlich verpflichtet sind sie dazu nicht (denn "getestet" heißt "getestet" und eben nicht "getestet und für gut befunden").

"90% der Verwender würden das Produkt weiterempfehlen.*" Auch das ist eine Aussage, die 'herbeigemogelt' sein kann. Bei Prozentangaben lohnt ein Blick ins Kleingedruckte, meist mit einem Sternchen versehen und ganz unten oder auf der Rückseite zu finden. Dort findet man dann Angaben wie "*unternehmenseigene Studie mit 10 Testpersonen". Aha, sehr repräsentativ und unabhängig! Interessant wäre: Wie wurden die Personen ausgewählt? Welche Fragen wurden den Personen gestellt? Nicht selten sind Umfragen (auch mutmaßlich unabhängige oder per Telefon durchgeführte) suggestiv: Auf die Frage, ob ein Tester das Produkt weiterempfehlen würde, kann dann - satirisch formuliert - per Mehrfachauswahl mit "Auf jeden Fall!", "Zu jeder Zeit!" oder "Ja, uneingeschränkt!" geantwortet werden.

'Gefälschte Logos' sind auch ein nettes Mittel, um den Kunden in die Irre zu führen. Dabei müssen noch nicht mal echte Logos nachgemacht werden. Es reicht schon, einen grünen Kreis zu malen, eine Blume da hinein zu drucken und 'aus Liebe zur Natur' draufzuschreiben. Der Käufer denkt: "Aha, ein Label, also gut." Dieses Spiel wird derzeit von vielen Lebensmittelherstellern lustig betrieben, der Kreativität scheinen keine Grenzen gesetzt. Beliebt sind auch vermeintliche Qualitätsbekundungen in Logoform: Neulich entdeckte ich ein dem Bio-Siegel verdächtig ähnliches Logo auf einer Käseverpackung. Darauf stand: "Mit der XY-Qualitätsgarantie". Nirgendwo ein Wort darüber, was bzw. welche Qualität diese Garantie eigentlich garantiert. Populär sind auch Institute, die dieses und jenes prüfen und der ganzen 'Qualitätssicherung' einen wissenschaftlichen Anstrich verleihen sollen. Doch manche Firmen gründen einfach ihre eigenen 'Prüfinstitute' - dass die nicht immer wissenschaftlich arbeiten müssen und schon gar nicht unabhängig sein können, liegt auf der Hand. Die 'hochwissenschaftlichen Prüfergebnisse' werden dann meist 'urkundlich bestätigt', entweder durch einen fiktiven Stempel oder ein ausgedachtes Prüfsiegel (im Extremfall sogar mit Unterschrift... ;-) ).

Eine große Schokoladenmarke (die keinen Kakao aus fairem Handel verwendet und auch sonst eher weniger durch soziales Engagement auffällt) druckt neuerdings den Hinweis auf ihre Tafeln, sie würde das lokale Naturprojekt XY unterstützen. Kein Wort darüber, wie oder in welchem Umfang das Projekt unterstützt wird. Theoretisch hätte die Marke auch nur 1€ spenden können.

Und wer hat nicht ein gutes Gewissen, wenn er Eier oder Remoulade mit Eiern (Stichwort: Hier kommt der Genuss...) "aus Bodenhaltung" kauft? Was Viele nicht wissen: Die 'Bodenhaltung' (ohne weitere Zusatzangaben) ist die derzeit tierunfreundlichste Hühnerhaltungsmethode in Deutschland, da Käfighaltung schon seit längerer Zeit EU-weit(!) gesetzlich verboten ist.

Täglich begegnen mir solche Werbetricks und im Wortsinn täglich staune ich über Aufkleber auf meinem Duschgel und meinem Haarshampoo: Ersteres enthält einen "FEEL FRESH COMPLEX" (was soll das denn bitte sein?) und letzteres eine 24h-Wirkung, die "JETZT BEWIESEN" (von wem und durch welche Tests?) ist. Na dann kann ja nichts mehr schiefgehen.

Leider hat der Gesetzgeber keine Handhabe, solche Wortspielereien zu unterbinden. Wie auch? Denn für den Verbraucher gilt die alte Binsenweisheit: Wer (richtig) lesen (und verstehen) kann, ist klar im Vorteil! Soviel Intelligenz sollte der Kunde also mitbringen und sich nicht voreilig blenden lassen, wenn er das nächste Mal nach einer Verpackung greift, die ein Produkt mit 'geprüfter Qualität aus dem Herzen der Natur' verspricht oder sogar eines, das 'in zahlreichen Testreihen umgehend untersucht' wurde. Selbst die 'Bestätigung durch unabhängige Institute' ist kein Freifahrschein für Unbedenklichkeit (was genau wurde bestätigt und wie unabhängig ist das Institut wirklich?). Im Zweifelsfall gilt: Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst manipuliert hast! In diesem Sinne: Augen auf beim Eierkauf!

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