Sind wir zu bequem für große Veränderungen?

Dass man mit kleinen Taten Großes erreichen kann, ist - zumindest unter Idealisten - bekannt. Doch vielen Menschen scheinen selbst kleine Dinge nicht wichtig genug und damit einhergehende Veränderungen der Mühe nicht wert zu sein. So rücken große Veränderungen in weite Ferne. Dabei könnte alles so einfach sein.

"Es könnt' alles so einfach sein, isses aber nich'", sang einst Herbert Grönemeyer mit Unterstützung der Fantastischen Vier. Ob er dabei auch an Massentierhaltung gedacht hat? Vermutlich eher weniger; dennoch schlage ich die Brücke zu zwei Gesprächen, die ich in den letzten Tagen geführt habe. Es ging um meine Entscheidung, ab sofort vegetarisch zu leben. Damit der Artikel nicht ausufert, gebe ich nur die zentralen Stellen in direkter Rede wieder.

Gespräch 1: "Wieso bist Du denn jetzt Vegetarier?" - "Ich möchte u. a. ein Zeichen gegen die Haltungsbedingungen der Tiere setzen." - "Ich finde das zwar auch alles nicht gut, aber würde nie soweit gehen, deswegen kein Fleisch mehr zu essen."

Gespräch 2: "Du bist Vegetarier? Wie kommt's?" - "Ich habe zuviel über die sogenannte Nutztierhaltung erfahren. Mit diesem Hintergrundwissen kann ich einfach keine Tiere mehr essen." - "Das stimmt schon. Ich habe auch schon oft Reportagen und Dokus im Fernsehen gesehen. Das ist echt krass, was da teilweise abgeht. Ich denke dann 'mein Gott, das ist echt schlimm'. Am nächsten Tag schmeckt mir das Schnitzel dann aber trotzdem wieder."

Beide Gespräche fanden mit Frauen statt, denen man ja eigentlich einen höheren Grad an Empathie nachsagt. Doch was steckt wirklich in ihren Antworten? Die beiden Damen meinten - fasst man das Gesagte in eine Kurzform zusammen - dasselbe: 'Wir sind zu bequem.' Punkt. Aus. Ende. Doch ist inzwischen selbst die Damenwelt so dermaßen abgestumpft?

Diese Form der Schicksalsergebenheit kennt man sonst eher von globaleren Themen wie dem Welthunger oder der Ausbeutung von Menschen in der dritten Welt. Hier habe ich Verständnis für die Resignation der Leute (auch wenn ich es selbst immer noch anders sehe), die das Gefühl haben, gegen Windmühlen zu kämpfen und einer unsichtbaren (Welt-)Wirtschaftsmacht gegenüber zu stehen. Doch der Genuss von Fleisch ist eine Sache, die sich im Prinzip von heute auf morgen ohne großen Aufwand vermeiden lässt, getreu dem Motto: 'Ein kleiner Schritt für uns, ein großer Schritt für den Tierschutz.' Dennoch wird es nicht gemacht. Ich frage mich, wieso nicht.

Wenn jemand sagt, ihm sei das alles herzlich egal, finde ich das zwar verantwortungslos, toleriere diese Meinung aber trotzdem - wir leben in einer Demokratie mit freien Persönlichkeitsrechten. Erkennt aber jemand die Qual der Tiere, vielleicht sogar den Nutzen des Vegetarismus, und findet Massentierhaltung "ganz, ganz furchtbar", verstehe ich nicht, welche Aspekte - außer jene der Bequemlichkeit und des 'Genusses' - sich so in den Vordergrund drängen, dass eine empathische Entscheidung zum Wohle aller trotz entsprechender Veranlagung samt Einsicht nicht getroffen wird.

Wollen diese Leute von der Industrie verarscht werden? Sind es nicht auch gerade diese Leute, die meinen, wenn das Bio-Etikett auf der Fleischverpackung klebt und obendrein eine gedruckte Photoshop-Kuh lächelt, sei der Tod der Tiere plötzlich ethisch und moralisch vertretbar? Erinnert mich ein bisschen an den Ablasshandel des Mittelalters.

Doch will ich ja bekanntlich nicht missionieren (ich bemühe mich zumindest, es nicht zu tun... ;-) ), sondern den Menschen die Kosequenzen ihres Handelns durch intrinsische Motivation aufzeigen. Ich möchte nicht "Ihr dürft nicht!" in die Welt hinausrufen, sondern "Überlegt Euch mal, ob nicht auch..."! Wie also könnten konkrete Ansätze aussehen?

Es gibt Warnhinweise auf Zigarettenschachteln und Alkoholflaschen, wieso nicht auch auf Wurst und Fleisch? Die Antwort ist schnell gefunden: Weil vermeintlich nicht der Mensch derjenige ist, dessen Gesundheit gefährdet bzw. dessen Leben zerstört wird, sondern 'nur' das Tier. Wem dieser Gedanke nicht gefällt, der ist herzlich eingeladen, Tiere als ebenbürtig zu betrachten und durch den Verzicht auf ein einziges (!) Lebensmittel (wenn auch in diversen Formen) Zeichen zu setzen. Ist die kritische Masse erreicht, würde die Bewegung zum Selbstläufer und einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken stünde nichts mehr im Wege.

Wir sehen einmal mehr: Mit einfachen Mitteln lassen sich große Veränderungen erreichen. Dennoch machen wir einfach so weiter. Weil wir uns an den Fleischkonsum gewöhnt haben und größtenteils damit aufgewachsen sind. Wir nehmen zwar Anstoß an den Zuständen und finden es "krass, was da teilweise abgeht", trotzdem schalten wir die Dokumentation ab und genießen am nächsten Tag unser Schnitzel. Das wirft die Frage auf: Sind wir tatsächlich so genusssüchtig? Sind wir inzwischen an das Leid von Tieren gewöhnt? Oder sind wir letzten Endes einfach nur zu bequem für große Veränderungen?

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